Leben in Berlin
Berlin, die Stadt der Bekloppten
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 18:25

Samstag: Der Inder, der Alte und ich

Ich brauche eine neue Fahrkarte. Doch die Fahrkartenautomaten am "Kutschi" sind mit Koffern und einer Laptoptasche vollgestellt. Daneben ein Inder und ein bierbäuchiger Mann mit Stirnglatze und zotteligen, grauen Haaren. Er erklärt etwas mit Händen und Füßen. Als ich meine Geldscheine in den Automatenschlitz schiebe, zupft mich der Alte am Ärmel: "Was heißt'n Zug auf englisch?"
"Train", sage ich.
"Ja, weil der versteht mich nicht."
Kein Wunder, so wie er nuschelt.
Der Inder guckt mich hoffnungsvoll an. "Where do you want to go?", frage ich ihn.
"Ey, ich kann mich schon allein auf englisch ausdrücken!", ruft der Alte und brabbelt wieder auf den Inder ein. Gleichzeitig erzählt er mir etwas davon, dass der Inder einen Kurzstreckenfahrschein braucht, wenn er bis Tegel fährt.

Nur kurz zur Erläuterung des Berliner Ticketsystems: Eine Kurzstrecke umfasst 3 U-Bahnstationen. Vom "Kutschi" bis Tegel sind es 5 Stationen.

"Damit kommt er doch aber gar nicht hin", sage ich.
"Na klar", ruft der Alte, "er muss doch wieder zurück laufen!"

Hääääh?! Der Inder begreift wohl, dass er tatsächlich an einen Bekloppten geraten ist und guckt mich flehend an. "Show me your map", sage ich, und schon stecke ich in einem Gespräch mit ihm.

"One twenty", ruft der Alte immer wieder dazwischen, "Short trip! One twenty!"

Ich tippe auf dem Display herum, ziehe ein 7-Tage-Ticket und drücke es dem Inder in die Hand. Er bedankt sich überschwänglich und rafft sein Gepäck zusammen. Er ist SEHR schnell weg.

"Hey!", ruft mir der Alte entrüstet hinterher, "Bleiben Sie mal stehen, was soll denn das?"

Donnerstag: Bekloppte auf der Post

Ich bin krank und komme vom Arzt, in der Tasche die Krankschreibung für meinen Chef. Dummerweise habe ich zuhause keine Briefmarken und keine Briefumschläge mehr, also muss ich mich hustend und kopfdröhnend noch zur Post schieben, welche kaufen.

Ein kleines Päckchen Umschläge und 10 Briefmarken à 55 Cent kosten mich echt 7,95 €. Egal. Ran ans Schreibpult, den Briefumschlag beschriften und rinn mit der Krankschreibung.

"Ey, sach ma', ick brauch'n Briefumschlag, kannste mir eenen vakoofen?", haucht mich ein offensichtlich um 11 Uhr vormittags nicht mehr nüchterner Typ an.
"Pfff", mache ich, weil ich nicht weiß, für wieviel man einen Umschlag verkauft. "Ach, gib mir 10 Cent", sage ich.
"Ick hab aber nur 20 Cent!"
"Ja, nehm ich auch", sage ich kurz, weil mir ein Hustenanfall neue Kopfschmerzen beschert.

Er nimmt den Umschlag und rennt wortlos raus. Dann kommt er wieder und sagt:

"Weeßte, da haste aber'n jutes Geschäft gemacht, wa? Also icke hätt ja an deiner Stelle jesacht: 'hier nimm! UMSONST!' Aber nee, du nimmst noch 20 Cent!"

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