Leben in Berlin
Mittwoch, 20. August 2008
Kreuznacher Exil
Mittwoch, 20. August 2008, 15:09
Ein berufliches Intermezzo führt mich für 3 Monate nach Bad Kreuznach. Bad Kreuznach, in der Region auch nach dem KFZ-Kennzeichen kurz "KH" genannt, ist ein Luftkurort und hat einen hübschen Kurpark mit Salinen.

Als Berliner neigt man ja dazu, seine Stadt als das Maß der Dinge zu betrachten. Früher konnte ich nie verstehen, warum Berliner als arrogant gelten. Jetzt weiß ich, dass das nur eine Abwehrhaltung ist. Busse im 1/2-Stunden-Takt, ein defizitäres kulturelles Angebot und geschwätzig-ignorante Verkäuferinnen ist man als Berliner einfach nicht wirklich gewohnt. Da MUSS man einfach die Lokalpatrioten-Fahne für Berlin ergreifen! Alles andere ist halt doch unter unserer Würde...

Interessanterweise sind die Kreuznacher aber auch ein bisschen strange wie die Berliner. 12-jährige reißen einem die Cornflakes-Packungen auf offener Straße unterm Arm weg, um damit abzuhauen. Armut? Mutprobe? Bemackung?

Individualität zeigt sich an der Kreuzung am Bahnhof nur am Musikgenre der fahrbaren Discos an der Ampel. Interessant in diesem Zusammenhang auch, dass die Kinder mit Migrationshintergrund alle denselben Haarschnitt haben.

Aber es gibt auch witzige Szenen: Wo hat man in Berlin schon mal eine Frau mit Burka einen DPD-Lieferwagen fahren sehen? Oder die lustigen Eintagsfliegen, die zu Tausenden die Biergartengäste heimsuchen, im Glas oder auf dem Tisch landen und zuckend sterben? Naja, das war's dann auch schon mit lustig...

Morgen darf ich wieder heim zu meinen Berliner Gestörten. Da weiß ich wenigstens, in welche Richtung ich fliehen kann. ;-)

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Freitag, 16. Mai 2008
Generationenkonflikt
Freitag, 16. Mai 2008, 13:19
Heute muss ich meinem Bruder Recht geben. Ich sollte mich wirklich einmal fragen, warum ausgerechnet ich immer die Bekloppten anziehe…

Heute Morgen sitze ich an der Bushaltestelle. Mit einer älteren Frau entspinnt sich ein kleines Gespräch über die ziemlich dicht herunterkommenden Flugzeuge. Auf einmal sagt sie: „Aber naja, was soll’s, ich habe 30 Jahre als Hauswartsfrau gearbeitet, da kommen ja die jungen Leute und machen nur noch Krach. Also, ich könnte Geschichten erzählen, meinen eigenen ‚Mein Kampf’.“

Off topic Ende?

Natürlich nicht! Die Studenten seien das Schlimmste, die kippten ihren Müll auch nachts einfach in den Hausflur usw.

Ob die sich "ausschalten" lässt? Ich sage: „Ich bin übrigens auch Studentin, und ich kippe meinen Müll nicht in den Hausflur.“

„Das kann ja sein, aber die Studenten fassen doch nie irgendwo mit an!“

„Na, wenn Sie meinen…“

„Und überhaupt … *fasel*… sind doch total lebensunfähig… *echauffier*… nie wischen die das Treppenhaus, und … *blabla*, WGs gehören überhaupt verboten, machen nur Partys und Dreck… *sülz*… Aber wir einfachen Leute, wir wissen noch, was sich gehört … *schnatter*…“

Angesichts des Laberflashs und der Tatsache, dass der Bus erst in 7 Minuten kommt, frage ich: „Sagen Sie mal, wollen Sie sich jetzt bei mir ausheulen?“

„Ach iwo, das habe ICH nicht nötig. Aber so ist das nun mal, die jungen Leute von heute, die verstehen einen ja nicht mehr. Die denken nur noch an sich!“

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Sonntag, 4. Mai 2008
Wut im Bauch
Sonntag, 4. Mai 2008, 00:54
Gestern an einem U-Bahnhof knallte es plötzlich hinter mir und meinem Mann. Und ja, ich gebe zu, ich bin ein Angsthase, denn vor Schreck musste ich erstmal schreien. Als ich mich im selben Moment umdrehte, sprang ein Junge gerade zur Seite, weil ein Mann mit richtig Karacho einen dieser großen Edelstahlaschenbecher/Mülleimer umwarf. Es knallte noch einmal. Dann musste mein Mann zur Seite springen, weil der Typ mit Riesenschritten und offenbar ziemlich viel Wut im Bauch auf meinen Mann zustampft.

Stampfenderweise bewegt sich der Typ auch über die Kreuzung, obwohl er als Fußgänger eigentlich rot hat, schlägt einem dunkelblauen Astra erstmal auf die Motorhaube und stampft dann mitten auf der Straße - ich präzisiere: auf dem Fahrstreifen für die Autos auf einer Hauptverkehrsstraße zur Berufsverkehrszeit - Richtung Innenstadt.

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Sonntag, 6. April 2008
Kampf der Giganten um Tempelhof
Sonntag, 6. April 2008, 16:35
Am 27. April 2008 findet ein Bürgerentscheid statt. Abgestimmt wird darüber, ob Tempelhof ein Verkehrsflughafen bleiben soll. Nun hängen Plakate in der Stadt, die für oder gegen Tempelhof werben. Oder sollte man besser sagen "Stimmung machen"? Denn mit sachlichen Argumenten haben die Informationstafeln nicht viel zu tun.

Die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof e.V. (ICAT) wirbt auf großformatigen Plakaten mit dem Slogan "Alle Macht geht vom Volke aus" und suggeriert den Berlinern, etwas gegen die "Willkür" des Senats tun zu können. Und welcher politische Fustrierte möchte nicht gern "den da oben eins reinwürgen"?

Dumm nur, dass laut Berliner Verfassung ein Volksentscheid laut § 62, Absatz 1 nicht nur darauf ausgerichtet sein kann, Gesetze "zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben", sondern eben auch "nur" ein Instrument der "politischen Willensbildung" ist. Somit fällt der Plan, dem Senat eins reinzuwürgen, flach. Tempelhof ist nun einmal kein Gesetz, das geändert werden könnte. Das Ergebnis des Volksentscheids bleibt damit für den Senat eine Willensbekundung und Entscheidungshilfe für die Politiker, die allerdings rechtlich nicht bindend ist. Diese Tatsache scheint ICAT-Chef Andreas Peter jedoch zu vernachlässigen, wenn er verlauten lässt, dass die Berliner mobilisiert werden müssten, ihre Stimme abzugeben.

Auch der Verbund der Gegner eines Verkehrsflughafens Tempelhof, darunter die LINKE und die SPD, fahren eine emotionale Schiene. "Ick zahl doch nicht für einen VIP-Flughafen", sagt ein Bauarbeiter. Und von einer jungen Mutter mit ihrem Säugling auf dem Arm heißt es: "Flughafen für Superreiche? Wir lassen uns doch nicht auf den Arm nehmen!" Was haben sich die Tempelhof-Gegner dabei gedacht? Kinder sind immer gute Werbeträger, und wenn man die mit sozialistischen, antikapitalistischen Parolen kombiniert, müsste etwas Gutes bei herauskommen? Ja, so kann man sicher Massen von bildungsfernen Berlinern aus ihren Jobcenter-bezuschussten Wohnungen herauslocken, um ein Kreuzchen bei "Nein" zu machen!

Dabei verdient Tempelhof mehr als diese unsachliche Stimmungsmache. Tempelhof ist vielen älteren Berlinern als Schauplatz der lebensrettenden Luftbrücke im Sommer 1948/49 in Erinnerung. Vielen fällt es schwer, diesen Flughafen nicht mit diesem wichtigen Ereignis zu verbinden. Außerdem ist Tempelhof ein architektonisches Zeugnis des nationalsozialistischen Größenwahns und bequemer City-Airport durch die Zeit des geteilten Deutschlands.

Bei aller geschichtlichen Bedeutung darf aber die heutige Situation nicht vergessen werden: Tempelhof ist ein gigantischer Gebäudekomplex, der zu großen Teilen leer steht und dessen Nutzung mit dem geplanten Flughafen Berlin-Brandenburg-International (BBI) kollidiert. Es geht um Arbeitsplätze für diese Stadt und um ein sinnvolles Nutzungskonzept für das 386 Hektar (und damit etwa dem Central Park in New York entsprechende) große Gelände. Schließlich ist Tempelhof nicht nur eine Erinnerung, sondern auch ein Teil der Berliner Zukunft.


Weitere Informationen:

Informationen zum Ablauf eines Volksentscheids:
http://www.wahlen-berlin.de

Paragrafen zum Volksentscheid in der Berliner Verfassung:
http://www.berlin.de/rbmskzl/verfassung/abschnitt5.html

Nutzungskonzept der ICAT:
http://flughafen-berlin-tempelhof.de/Konzepte.html

Ideendialog des Berliner Senats zum Flughafen Tempelhof:
http://www.berlin.de/flughafen-tempelhof/discoursemachine.php

Ergebnisse des Planungsprozesses Tempelhof:
http://www.berlin.de/flughafen-tempelhof/discoursemachine.php?%20page=viewcompiler&id_view=22

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Freitag, 4. April 2008
Zwei "Chinesen" ohne Kontrabass... II
Freitag, 4. April 2008, 20:17
Ist es Zufall, dass ich einen der beiden Asiaten immer wieder treffe? Ich radle auf meinem morgendlichen Weg über einen Parkplatz an ihnen vorbei, treffe sie am U-Bahnhof...

Neulich kam mir einer entgegen, ich erkannte ihn, er erkannte scheinbar mich, und während er mir in die Augen sah, zog er durch die Nase schön hoch und spie aus...

Na, vielleicht hab ich einfach nur Paranoia???

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Freitag, 21. März 2008
"Es ist nicht alles Sch..."
Freitag, 21. März 2008, 19:13
Um Wohnungen an den potenziellen Mieter zu bringen, greifen Vermieter teilweise auf kuriose Werbemittel zurück.

Mein Lieblingsbeispiel ist der Studenten(T)Raum in Prenzlauer Berg. Ob das einleitende Bild mit dem Scheißehaufen wirklich jemanden anlockt? Also, ich musste da schnell umschalten, weil ich gerade aß... ;-)

Was die Gesobau mit der Wohnung mit Aweck meint ist mir auch nicht ganz klar. Vielleicht soll das in die Berliner-Mundart-Kampagne à la "Oase für mir und meen Männe" passen. Doch was meint "aweck"? Soll das was mit dem französischen Wort avec = mit zu tun haben? Also eine Wohnung mit "mit"?

Schade, dass es diese Anzeige nicht mehr gibt, aber einmal warb ein Vermieter für seine modernisierte Wohnung. Abbilden tat er zwar nicht die Wohnung, aber den hübschen Bauschaum, der im ebenfalls "modernisierten" Keller aus den Fugen quoll... ;-)

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Dienstag, 11. März 2008
Rad fahren
Dienstag, 11. März 2008, 21:25
Seit einer Woche streikt die BVG. Keine Busse, keine Straßenbahnen, und die U-Bahnen werden durch Busse im 10-Minuten-Takt ersetzt.

Seit einer Woche fahre ich jetzt mit dem Rad zur Arbeit. Hätte ich nie gedacht, aber es ist toll! Ich kann mir den Wind um die Nase wehen lassen, und wenn ich auf Arbeit ankomme, ist mein Puls schon mal auf Touren gekommen. Vor allem bin ich nicht gestresst, weil ich mal wieder den Bus-Anschluss verpasst habe und 20 Minuten warten muss.

Und ein noch viel tollerer Nebeneffekt: meine zu eng gewordene Lieblingshose passt auch wieder ;-)

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Donnerstag, 6. März 2008
Zwei Chinesen ohne Kontrabass...
Donnerstag, 6. März 2008, 22:09
Auf dem Nachhauseweg fahre ich vorletzten Montag mit "dem besten Ehemann der Welt" in der U8. Gesundbrunnen steigen zwei kleine Asiaten ein. Sie setzen sich gegenüber von uns. Und dann geht das Unheimliche los: die beiden laufen uns immer wieder über den Weg.

Auf der Rolltreppe U Osloer Straße stehen die beiden vor uns. Der eine lehnt sich mit weit ausgebreiteten Armen auf die schwarzen Gummi-Geländer der Rolltreppe. Sehr dicht an meinem Mann. Ich gucke den Asiaten an, er guckt schnell weg - hat der uns beobachtet?

An der Bushaltestellte steigen die beiden in denselben Bus und: einer setzt sich mir schräg gegenüber.

Als ich zum Aussteigen den Stop-Knopf drücke und wir uns an die Tür stellen, springen die beiden plötzlich auf und steigen aus.

Instinktiv halte ich meinen Mann zurück: "Lass uns mal noch eine Station weiter fahren!" Mein Mann nickt.

Und tatsächlich - haben die beiden kein Ziel, wo sie nach dem Aussteigen hinwollen? Sie bleiben einfach an der Haltestelle stehen. Bei kaltem Wind und Nieselregen.

Ich meine, in unserer Wohngegend gibt es nicht viel, was interessant wäre. Nur ein paar Friedhöfe und ein Supermarkt, der schon um 18:30 Uhr zu macht... außerdem ist unsere Siedlung sehr klein, so dass man die Leute kennt - die beiden kennen wir nicht!

Wurden wir verfolgt? Hinterher sagte mein Mann, er hätte auf der Rolltreppe das Gefühl gehabt, als habe ihm jemand an den Rucksack getippt. Hmmm... Darin war der Laptop meines Mannes...

Ein Schelm also, wer Böses denkt. Der gute Mensch vom Bürgertelefon der Polizei fand diese Verkettung von Zufällen auch recht merkwürdig...

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Dienstag, 12. Februar 2008
Ein bisschen...
Dienstag, 12. Februar 2008, 23:55
Zugegeben, die Schwestern und Praktikantinnen im Neuköllner Krankenhaus sind sehr nett, sofern ich das als Besucher sagen kann.

Aber dort gibt es in einem Flügel nur 4 Fahrstühle: 2 für Personal und Betten, 2 für Besucher. Einer der letzteren ist schon seit Wochen schlicht "defekt".

Vor dem übrig gebliebenen Fahrstuhl sammeln sich die Menschen. Wir streben zum ankommenden Fahrstuhl. Die Tür geht auf. Darin: ein Mann und eine Frau in Krankenhauskleidung, die sich gerade umarmen.

Wir wollen einsteigen. Da sagen sie: "Ach, bitte nicht, wir wollen mal ein bisschen..." Dann schließen sie die Tür wieder.

Was auch immer "ein bisschen" heißt...

Zusammen mit dem von der Straße aus schlicht GAR NICHT gekennzeichneten Haupteingang und den abgeranzten alten Betten, bei denen man die Kopfstützen noch unter Kraftaufwand hochkurbeln muss, wirkt das nicht sehr sympathisch.

Und ob die deprimierenden grau-braunen Bilder im Foyer, auf denen rollende Köpfe und grantig guckende Fische zu sehen sind, der Heilung der Patienten oder der Aufmunterung der Patienten förderlich sind, wage ich auch zu bezweifeln...

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Sonntag, 3. Februar 2008
Sozialneid ist überall
Sonntag, 3. Februar 2008, 22:08
Auf dem S-Bahnhof Wedding am Freitag, dem Streiktag, ca. 11:30 Uhr:

"Sehr verehrte Fahrgäste, die BVG streikt von Freitag, 0 Uhr, bis Samstag, 15 Uhr", informiert die S-Bahn über ihre Informationstafeln.

2 Männer, die offensichtlich nicht zur Arbeit müssen, sondern sinnloses Herumstehen auf dem Bahnsteig mit Bierdosen als Vormittagsbeschäftigung auserkoren haben, wiederholen die Anzeige Wort für Wort.

Dann:

"Warum streiken die eigentlich?", fragt der eine.
"Na, weil die BVG-er zuwenig Geld bekommen", antwortet der andere treuherzig.
"Ach!", schreit der eine, "Die bekommen doch viel zu viel Geld!"
"Wieso denn?"
"Na, ich bekomm keeen Jeld!"

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