Leben in Berlin
Freitag, 4. Januar 2008
Auf der U8 (das sagt schon alles!)
Freitag, 4. Januar 2008, 00:14
Bis hierher kann man vielleicht denken, ich hätte eine ganz schön negative Wahrnehmung von meiner Stadt. Seit gestern weiß ich, dass ich nicht so falsch lag...

Für alle Nicht-Berliner: Die U8 ist eine U-Bahn-Linie, die gleich 3 Problemkieze durchquert: den Weddinger Gesundbrunnen, den Kreuzberger Kiez am Kottbusser Tor und die Problemzone um den Neuköllner Hermannplatz. Kennt man ja aus den Medien, wa?

Mittwoch Vormittag um 10:30 Uhr. Neben mir sitzt ein Asiat mit Stöpseln im Ohr, der in seine Freisprechanlage schnackt. Vor mir ein dunkelhaariger, aber grau melierter Mann um die 40, der in einem akzentbehafteten Deutsch immer wieder ruft: "Ey, halt's Maul! Ist jetzt mal gut? Ich hab Kopfschmerzen!" Doof nur, dass der Asiat ja am Telefonieren ist, in eine andere Richtung guckt und nix mitkriegt.

Der Graumelierte fängt an, mit der dünnen, etwa 1 m langen Metallstange in seiner Hand zu hantieren. Er klopft auf den Boden, dreht sie herum, zeigt auf den Asiaten (der immer noch nichts merkt) und klatscht sie in seine Hände. Ich finde, dass die Stange doch recht massiv aussieht und bekomme ein ungutes Gefühl. Ein Blick in die Runde - alle Umstehenden sind sehr unbeteiligt, wie sollte es anders sein...

"Ey!", ruft der Graumelierte mit seinem Akzent, "Das ist die letzte Warnung!"

Ich sage möglichst ruhig: "Hey, komm, setz dich doch woanders hin, dann hörst du das nicht mehr."

"Ich hab aber Kopfschmerzen!"

"Ja, ich weiß, aber da hinten ist was frei, da hörst du ihn doch gar nicht mehr."

Der Graumelierte grummelt und klopft wieder unschlüssig mit der Metallstange. Dann steht er auf, und ich bemerke einen ziemlich ekligen Fleck auf seinem Mantel, der sich bis in Höhe des Sitzes zieht. Vom Mantel schweift mein Blick auf die Zeitung, die der Graumelierte gerade hochnimmt, und dann - auf ein Küchenmesser mit einer etwa 20 cm langen Klinge! Das er nimmt und damit U-Bhf. Voltastraße aussteigt.

Puuuuh... Haben meine Knie danach gezittert!

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Mittwoch, 19. Dezember 2007
Pizzalieferservice Minimal
Mittwoch, 19. Dezember 2007, 17:39
Hmmm, lecker: Pizza! Am liebsten heiß, frisch und mit viel Käse und Gemüse. Aber beim Pizzalieferservice Minimal in der L.straße im Wedding bekommt man das nicht.

Eine Bestell-Chronik:

Einmal eine Dreiviertelstunde vor Ladenschluss. Der "beste Ehemann von allen" und ich bekamen belagmäßig die Reste und die Rindersteakspitzen waren zäh.

Ein paar Wochen später eine Scampi-Pizza. Die Scampi klebten mitsamt Käse neben der Pizza auf dem Karton. Auf Nachfrage hieß es: "Das ist normal. Durch die Scampi ist der Belag sehr flüssig."
"Soll das heißen, dass die Scampi-Pizza immer so ankommt? Ist ja nicht sehr lecker."
"Ja, der Belag rutscht oft runter. Lässt sich leider nicht vermeiden."

Einmal sollte das Leibgericht mit sonnengetrockneten Tomaten belegt sein. Die kenne ich als schrumplige, feste und recht zähe Dinger. Keine Spur davon. Auf Nachfrage hörte ich: "Die sind in der Sauce mit drin, die sieht man nicht." Ach, Mensch, da war ich aber blind!

Soeben, um 15:45 Uhr kam die heutige Lieferung. Die Pizza war sehr dunkel. Und vor allem sehr trocken. Mein Brokkolistückchen sah aus, als wär ein Bunsenbrenner drübergejagt. Auf Nachfrage hieß es: "Die muss so sein, da ist die Sauce sehr dunkel."

Diesmal gab ich zu verstehen, dass ich ein halbwegs intelligenter Mensch bin und schilderte außerdem die letzten Pizzafunde. Die Reaktion ließ sich als ein akustisches Schulterzucken beschreiben.

Darauf wurde ich etwas deutlicher. Sie bräuchten keine neue Pizza liefern, weil wir in Zukunft wohl nicht mehr beim Pizzalieferservice Minimal bestellen würden. Irgendwo erwähnte ich das Wort "Stammkunde", um ein paar Glöckchen zum Klingeln zu bringen.

Doch bei der weiblichen Stimme am Telefon klingelte offensichtlich nichts, was auch nur entfernt mit Kundenservice zu tun haben könnte:

"Ja, nehm ich auf", kam's gelangweilt durch den Hörer. Stammkunden - was soll das sein???

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Dienstag, 11. Dezember 2007
Deutsche Sprache, schwere Sprache...
Dienstag, 11. Dezember 2007, 20:26



Als Kind habe ich viel gelesen. Vermutlich war das der Grund dafür, dass ich in der Schule einen Plan von deutscher Rechtschreibung hatte – und wenn ich einmal zweifelte, versuchte ich, mir die Worte gedruckt vorzustellen. Komischerweise half das oft.

Doch heute sind alle Drucksachen mit orthografischen Fehlern verseucht. Falls Sie jetzt mit dem Finger auf das "-grafisch" pieken, das eigentlich "-graphisch" heißen sollte – nein, ich meine die orthografischen Fehler, die man nicht der neuen deutschen Rechtschreibung zur Last legen kann:

Die Berliner Restaurantkette mit den blauen Plakaten für die billigen griechischen Grillteller hat es eindeutig drauf, auf knapp 300 Zeichen die meisten Fehler hinein zu bekommen. "Mila Str." und "Neue Kant Str." sind nur zwei Beispiele.

Von den Zeitungen sollte man da eine gewisse Vorbildfunktion erwarten können. Aber insbesondere bei der Berliner Boulevardzeitung mit den zwei Buchstaben gehören Redakteure und(!) Lektoren zu den Analphabeten, die nicht einmal "das" und "dass" auseinander halten können.

Auch die BVG, der Verkehrsbetrieb der Hauptstadt, bekleckert sich nicht gerade mit Ruhm. An der Tram-Haltestelle Osloer Straße war ein Hinweis zu einem Ersatzverkehr angebracht. Zitat: "am Sonnabend, dem 10.11. ..."

Ganz zu schweigen von den Unmengen von Forenbeiträgen im Internet, wo es vor Fehlern nur so wimmelt. Gut, ein Fehler hier oder da macht jeder aber wen mann echt voll nich meer erkennen kan wo die Strucktur eines textes, überhaupt ist wird es schwer sich mit einander zu verstendigen weil mann erst mall rafen, mus was der Andere eigendlich so meint.

Nicht umsonst gibt es also gewisse Regeln. Sinnvoll? Mag sein. Interessiert heute bloß keinen mehr. Aber über Pisa erstaunt sein...

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Donnerstag, 6. Dezember 2007
Berlin, die Stadt der Bekloppten
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 18:25

Samstag: Der Inder, der Alte und ich

Ich brauche eine neue Fahrkarte. Doch die Fahrkartenautomaten am "Kutschi" sind mit Koffern und einer Laptoptasche vollgestellt. Daneben ein Inder und ein bierbäuchiger Mann mit Stirnglatze und zotteligen, grauen Haaren. Er erklärt etwas mit Händen und Füßen. Als ich meine Geldscheine in den Automatenschlitz schiebe, zupft mich der Alte am Ärmel: "Was heißt'n Zug auf englisch?"
"Train", sage ich.
"Ja, weil der versteht mich nicht."
Kein Wunder, so wie er nuschelt.
Der Inder guckt mich hoffnungsvoll an. "Where do you want to go?", frage ich ihn.
"Ey, ich kann mich schon allein auf englisch ausdrücken!", ruft der Alte und brabbelt wieder auf den Inder ein. Gleichzeitig erzählt er mir etwas davon, dass der Inder einen Kurzstreckenfahrschein braucht, wenn er bis Tegel fährt.

Nur kurz zur Erläuterung des Berliner Ticketsystems: Eine Kurzstrecke umfasst 3 U-Bahnstationen. Vom "Kutschi" bis Tegel sind es 5 Stationen.

"Damit kommt er doch aber gar nicht hin", sage ich.
"Na klar", ruft der Alte, "er muss doch wieder zurück laufen!"

Hääääh?! Der Inder begreift wohl, dass er tatsächlich an einen Bekloppten geraten ist und guckt mich flehend an. "Show me your map", sage ich, und schon stecke ich in einem Gespräch mit ihm.

"One twenty", ruft der Alte immer wieder dazwischen, "Short trip! One twenty!"

Ich tippe auf dem Display herum, ziehe ein 7-Tage-Ticket und drücke es dem Inder in die Hand. Er bedankt sich überschwänglich und rafft sein Gepäck zusammen. Er ist SEHR schnell weg.

"Hey!", ruft mir der Alte entrüstet hinterher, "Bleiben Sie mal stehen, was soll denn das?"

Donnerstag: Bekloppte auf der Post

Ich bin krank und komme vom Arzt, in der Tasche die Krankschreibung für meinen Chef. Dummerweise habe ich zuhause keine Briefmarken und keine Briefumschläge mehr, also muss ich mich hustend und kopfdröhnend noch zur Post schieben, welche kaufen.

Ein kleines Päckchen Umschläge und 10 Briefmarken à 55 Cent kosten mich echt 7,95 €. Egal. Ran ans Schreibpult, den Briefumschlag beschriften und rinn mit der Krankschreibung.

"Ey, sach ma', ick brauch'n Briefumschlag, kannste mir eenen vakoofen?", haucht mich ein offensichtlich um 11 Uhr vormittags nicht mehr nüchterner Typ an.
"Pfff", mache ich, weil ich nicht weiß, für wieviel man einen Umschlag verkauft. "Ach, gib mir 10 Cent", sage ich.
"Ick hab aber nur 20 Cent!"
"Ja, nehm ich auch", sage ich kurz, weil mir ein Hustenanfall neue Kopfschmerzen beschert.

Er nimmt den Umschlag und rennt wortlos raus. Dann kommt er wieder und sagt:

"Weeßte, da haste aber'n jutes Geschäft gemacht, wa? Also icke hätt ja an deiner Stelle jesacht: 'hier nimm! UMSONST!' Aber nee, du nimmst noch 20 Cent!"

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Sonntag, 19. August 2007
"Wir Berliner sind ja quasi die Erfinder der Freundlichkeit"
Sonntag, 19. August 2007, 21:43
... findet zumindest Kurt Krömer.

Ich kann das bestätigen. Wenn ich mit meinen Krücken in den Bus gehumpelt komme, greifen zuweilen bis zu fünf Armen nach mir, wenn ich nur ein kleines bisschen wanke. Ältere Leute bieten mir ihren Sitz an, der Busfahrer wartet, bis ich sitze und man kommt mit fremden Menschen in ein kleines Gespräch.

Aber wehe, es ist Berufsverkehr! Dann mutiert der Berliner sofort zu einem Egoisten:

Menschen drängeln sich beim Fahrer an mir vorbei, um den einzig freien Behindi-Platz mit ihren Einkaufstüten in Beschlag zu nehmen und sofort wahnsinnig interessiert aus dem Fenster zu gucken. Jugendliche auf Weißes-Kreuz-Plätzen begutachten meine Krücken, wenn ich an ihnen vorbei humple - aber aufstehen tut keiner. Blutjunge Muttis verdrehen meinen Fuß (und damit mein relativ frisch operiertes Knie) mit dem Kinderwagen - ist die Krüppelkuh doch selber schuld, wenn sie ihr Bein nicht schnell genug wegnehmen kann!

Eine besondere Erfahrung ist es, mit Krücken größere Strecken mit der BVG zurückzulegen. Versuch mal, vom Wedding nach Moabit zu kommen! U-Bahnhof Rehberge: weder Rolltreppe noch Fahrstuhl, aber 40 Stufen. Am Leopoldplatz gibt's zwar eine Rolltreppe, aber nicht da, wo's zum Ersatzverkehr geht. Am S+U Westhafen gibt's zwar einen Fahrstuhl, aber der funktioniert nicht, ca. 100 Stufen. Spricht man die BVGer drauf an, heben sie die Hände und rufen: "Das ist aber gar kein BVG-Fahrstuhl, der gehört der S-Bahn!"

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Freitag, 10. August 2007
Beim Friseur um die Ecke...
Freitag, 10. August 2007, 18:43


Ich muss sagen, dass ich absolut kein Vertrauen in meine Fantasie habe, wenn es um feuchte Haare und Scheren geht. Ich finde ALLES schrecklich, was Haarkünstler tun, solange die Haare nass sind. Und es erstaunt mich immer wieder, was am Ende Tolles herauskommt.

Diesmal hatte ich einem Friseur zwei Bilder gezeigt: einmal ne Kurzhaarfrisur mit superkurzem Pony, einmal etwas länger und toll angeschrägt. Etwas von beidem wär toll.

Jetzt sitze ich vorm Spiegel: Von schräg fallenden Haaren keine Spur, und kurz ist überhaupt kein Ausdruck! Ich muss schlucken, um nicht sofort loszuheulen.

"Und hier", sagt der Friseur abschließend und zupft an meinem Rest Nackenhaar, "Hier gaukeln wir wunderbar Länge vor."

Aha...

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Montag, 6. August 2007
Neulich im Supermarkt
Montag, 6. August 2007, 20:14
Es ist Viertel nach 20 Uhr. Ausnahmsweise gehöre ich zu den Kunden, die den Ladenschluss überzogen haben, und packe meine Sachen ein. Da huscht eine Frau um die 25 in den Laden.

"Entschuldigung, wir haben schon geschlossen", ruft die Backshop-Verkäuferin.
"Ich will doch nur Zigaretten kaufen!", sagt die Frau zickig.
Die Backshop-Verkäuferin gibt sich Mühe, freundlich zu bleiben."Entschuldigen Sie bitte, aber wir haben geschlossen, wir müssen noch aufräumen."
"Bin ja gleich wieda da!", ruft die Frau genervt und rennt in den Laden.

Nach 5 Minuten ist sie wieder da, schwenkt ihr Päckchen Zigaretten und schreit: "Ätsch, jetzt hab ich meine Zigaretten doch, du Backshop-F***e!"

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